Fachanwendungen der Telematikinfrastruktur
Das Herzstück der Telematikinfrastruktur (TI) sind verschiedene Fachanwendungen, die digitale Lösungen für bisher größtenteils analoge Prozesse im Gesundheitsbereich liefern. Heute möchten wir Ihnen die wichtigsten Anwendungen der TI vorstellen und zeigen, welche Vorteile sie im Arbeitsalltag mit sich bringen.
Elektronische Gesundheitskarte (eGK)
Was verbirgt sich eigentlich hinter der Abkürzung eGK? Die elektronische Gesundheitskarte! Jeder gesetzlich Versicherte in Deutschland kennt sie. Indem die Karte eingelesen wird, wird bestätigt, dass Patienten versichert sind, wenn sie medizinische Leistungen in Anspruch nehmen möchten. Auf der Karte sind die Versichertenstammdaten gespeichert. Dazu gehören Name, Geburtsdatum, Anschrift, Versichertennummer und der Versichertenstatus. Ein Foto des Versicherten ist (mit nur wenigen Ausnahmen) auf der Vorderseite der Karte abgebildet und auf der Rückseite befindet sich die Europäische Krankenversicherungskarte (European Health Insurance Card - EHIC).
Die neue Generation der eGK kann aber noch viel mehr als das. Sie ist der Schlüssel zu digitalen Anwendungen im deutschen Gesundheitssystem und damit der Zugang zu bestmöglicher medizinischer Versorgung. Denn Patienten können auf dieser Karte wichtige persönliche Gesundheitsdaten abspeichern lassen. Das können zum Beispiel Notfalldaten und verordnete Medikamente sein, was in einem akuten Notfall wertvolle Zeit spart. Zusätzlich kann die eGK bei einer Veränderung, die der Versicherte bereits an seine Krankenkassen gemeldet hat (z. B. eine Adressänderung) beim nächsten Arztbesuch automatisch per Knopfdruck aktualisiert werden.
Die neue Karte ist außerdem mit der NFC-Funktion versehen, was bedeutet, dass der Datenaustausch kontaktlos erfolgen kann. Da in Zukunft Rezepte nur noch per elektronischer Verordnung verschrieben werden, wird die elektronische Gesundheitskarte benötigt, um Rezepte digital einzulösen.
Versichertenstammdatenmanagement (VSDM)
Was genau ist das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) eigentlich? Hierbei handelt es sich um den Austausch von Versichertenstammdaten zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern.
Die Stammdaten eines jeden Patienten (Versichertenstammdaten, VSD) sind auf der eigenen elektronischen Gesundheitskarte gespeichert. Die VSD umfassen folgende Informationen: Vor- und Nachname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift, Krankenversichertennummer und Versichertenstatus.
Das Versichertenstammdatenmanagement war das erste große Projekt der TI. Bis zur Einführung des VSDM konnten die Stammdaten eines Versicherten zwar von der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gelesen werden, jedoch nicht aktualisiert bzw. angepasst werden. Mit der Anbindung an die TI werden bei jedem Lesen der eGK die dort gespeicherten Daten an die Krankenkasse gesendet, mit den dort vorhandenen Daten abgeglichen und gegebenenfalls aktualisiert. So kann beispielsweise in Echtzeit geprüft werden, ob der Versichertenstatus noch aktuell ist oder ob es Änderungen in den Daten gab, beispielsweise einen Adresswechsel.
Vorteil für die Krankenkassen: Sie können ihre Versichertendaten nun digital aktualisieren und müssen nicht jedes Mal neue Gesundheitskarten versenden. Vorteil für Leistungserbringer: Daten müssen nicht mehr manuell im Praxissystem eingetragen werden, sondern werden automatisch übernommen und beim Abgleich mit der Krankenkasse aktualisiert.
Elektronische Patientenakte (ePA)
Alle wichtigen Gesundheitsdaten auf einen Blick! Ärzte haben in Deutschland im Durchschnitt weniger als zehn Minuten Zeit pro Patient. Die elektronische Patientenakte gibt medizinischem Fachpersonal auf einen Blick alle relevanten Informationen und einen strukturierten Überblick. Sie bildet damit die Grundlage für eine transparente, umfassende und effiziente digitale Anamnese – und die anschließende Gestaltung der Behandlung.
In der elektronischen Patientenakte (ePA) können auf Wunsch sämtliche relevanten Gesundheitsdaten (medizinische Befunde, Arztbriefe, Laborergebnisse u.v.m.) gespeichert werden. Gesetzlich Versicherte können seit dem 1. Januar 2021 über ihre Krankenkasse eine App installieren, in der sie alle bestehenden Inhalte einsehen, löschen oder neue hinzufügen können. Damit können Versicherte ihre ePA über ein Smartphone oder Tablet selbstständig nutzen. Dokumente, die den Versicherten nicht digitalisiert vorliegen, können mit dem Handy oder Tablet eingescannt und dann in der ePA abgelegt werden.
Weitere Anwendungen wie ein elektronischer Medikationsplan (eMP) oder ein Notfalldatensatz (NFDM) können freiwillig in der eigenen ePA gespeichert werden. In naher Zukunft soll es auch möglich sein, Daten wie den Impfpass und das Zahn-Bonusheft in der ePA zu hinterlegen.
Die Datenhoheit liegt dabei ausschließlich bei den Patienten selbst – sie entscheiden, was in der ePA gespeichert wird und wer welche Informationen lesen kann. Der Kreis derjenigen, die mit Einwilligung und Zugriffsfreigabe der Patienten auf die ePA zugreifen dürfen, ist gesetzlich streng geregelt. Patienten können die ePA für Ärzte, Therapeuten oder Apotheken sowie für weitere Leistungserbringer, die in die Behandlung eingebunden sind, freigeben – entweder nur für die aktuelle Behandlung oder für einen längeren Zeitraum. Allgemein gilt, dass die Nutzung der elektronischen Patientenakte für die Versicherten freiwillig ist.
eRezept bzw. eVerordnung
Schon gewusst? Jährlich werden aktuell rund 500 Millionen Rezepte ausgestellt. Analog auf Papier, nicht wirklich umweltbewusst und nachhaltig.
eRezept und eVerordnung lassen diesen Papierberg verschwinden und bringen Rezepte auf die digitale TI-Autobahn für mehr Schnelligkeit und Komfort – für alle Beteiligten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Bürokratie, weniger Zettelwirtschaft, kürzere Wege, schnellere Prozesse, geringerer Kontrollaufwand und mehr Flexibilität. Hinzu kommt der positive Effekt auf die Umwelt durch die papierlose Form. Außerdem ermöglicht das eRezept neue Anwendungen wie etwa eine Medikationserinnerung oder einen Medikationsplan mit eingebautem Wechselwirkungscheck, um zu überprüfen, ob alle Arzneimittel untereinander verträglich sind und sich nicht negativ beeinflussen.
Ein eRezept oder perspektivisch eine eVerordnung kann von Ärzten elektronisch signiert und in die TI eingestellt werden, wo sie bis zu 100 Tage zum Abruf bereitstehen. Versicherte können ihre Rezepte oder Verordnungen dann über die eRezept-App der gematik digital abrufen oder sich die für die Einlösung ihres eRezepts erforderlichen Zugangsdaten, den Datamatrix-Code, in der Arztpraxis ausdrucken lassen.
eRezepte werden in Online-Apotheken sowie in lokalen Apotheken in ganz Deutschland vor Ort einlösbar sein.
Das eRezept wird seit dem Sommer 2021, zunächst in der Fokusregion Berlin/Brandenburg und seit dem 1. Dezember 2021 bundesweit, getestet. Sobald die Testphase vollständig abgeschlossen ist, leitet die gematik einen gestuften Rollout ein. Arztpraxen, die aus technischen Gründen bis dahin noch nicht in der Lage sind, ein eRezept auszustellen, werden ersatzweise auf das Papierrezept zurückgreifen, damit die Versorgung der Patienten jederzeit gegeben ist.
Fest steht bereits, dass die elektronische Verordnung für Heilmittel, Hilfsmittel und die Pflege kommen wird. Sie ist für die Pflege ab dem 1. Juli 2024 verpflichtend und für die Heil- und Hilfsmittelerbringer ab 1. Juli 2026.
Kommunikation im Medizinwesen (KIM)
Was genau steckt hinter KIM? Hinter der Abkürzung KIM verbirgt sich die Kommunikation im Medizinwesen. Denn Kommunikation ist das A und O, auch in der Medizin.
Das Kommunikationssystem der TI stellt sicher, dass alle Informationen schnell und sicher verschlüsselt per E-Mail nur dort ankommen, wo sie auch hin sollen – und zwar über Einrichtungen, Sektoren und Fachbereiche hinweg. Denn medizinische Befunde, Gutachten, Arztbriefe und Co. enthalten höchst sensible Daten, die auf keinen Fall in die falschen Hände geraten sollten.
Ein Beispiel: Ein behandelnder Arzt möchte einen Patienten an einen Fachkollegen verweisen. Dafür wird der Arztbrief inklusive aller Befunde und Dokumente sicher verschlüsselt und über eine KIM-Mailadresse versandt. Am „anderen Ende der Leitung“ kann nur diejenige Person auf die Daten zugreifen, der sie zugesandt und damit zugewiesen wurden.
Alle KIM-Teilnehmenden sind in der TI authentifiziert und in einem zentralen Adressbuch vermerkt, sodass hier weder lange die richtige Mailadresse gesucht werden muss noch versehentlich Informationen an den falschen Empfänger gelangen. Nur durch die gematik zugelassene Anbieter können eine KIM-Software überhaupt anbieten.
Zu den zentralen Anwendungen gehören derzeit der elektronische Arztbrief (eArztbrief) und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Durch die Anwendung von KIM in der TI ergeben sich Vorteile wie etwa der hohe Datenschutz und die hohe Rechtssicherheit, Fälschungssicherheit, Schnelligkeit im Austausch, Zeitersparnis und auch die Standardisierung und Einheitlichkeit über Institutionen hinweg.
TI-Messenger (TIM)
Neben KIM gibt es auch noch die Abkürzung TIM. Diese steht für den TI-Messenger. Der Dienst ermöglicht allen Gesundheitsberufen bald deutschlandweit eine schnelle, direkte Kommunikation in Echtzeit über Kurznachrichten. Ob Rückfragen zu verordneten Medikamenten, Therapiemaßnahmen oder Hilfsmitteln, ob Infos über vorliegende Laborbefunde oder Rückrufbitten – mit TIM geht all das ganz schnell und unkompliziert. Die Sofortnachrichten können flexibel über das Smartphone oder den Desktop-PC verschickt und empfangen werden.
Alle durch die gematik zertifizierten Anbieter greifen auf ein gemeinsames bundesweites Adressbuch zurück, in dem sich mit wenig Aufwand die gesuchten Kontaktdaten finden lassen, zum Beispiel von Krankenhäusern, Arztpraxen oder Apotheken.
Über eine SMC-B-Karte können Institutionen den Zugang erhalten und den TI-Messenger ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen. Als Selbstständiger kann man sich mit dem elektronischen Heilberufsausweis für den TI-Messenger registrieren. Sobald eine Institution registriert ist, gibt es die Möglichkeit auch intern über den TI-Messenger zu kommunizieren. Dazu müssen alle Mitarbeiter an den Kommunikationsdienst angeschlossen werden. So ist es kinderleicht alle Mitarbeiter zeitgleich zu erreichen und sich ganz einfach auszutauschen und Arbeitsprozesse zu optimieren.